Sebastian Hinze: „Den Respekt der Gegner haben wir immer als Anerkennung für die Leistung wahrgenommen, die wir erbracht haben.“
Nach dem Abstieg aus der DKB Handball-Bundesliga erreichte der Bergischer HC den vorzeitigen Wiederaufstieg. Trainer Sebastian Hinze blickt im Intverview auf die Saison zurück und verrät wie es ist, auf einmal der Favorit statt der Außenseiter zu sein.
Herr Hinze, der BHC hat nach nur 31 Spieltagen den Wiederaufstieg in die DKB Handball-Bundesliga perfekt gemacht. War das die perfekte Saison?
Sebastian Hinze: Das konnte man so alles nicht planen. Und vor der Saison hätte man auch nicht gedacht, dass so etwas realistisch wäre. Nach dem Abstieg haben wir uns vorgenommen, als Team schnell wieder zusammenzufinden. Mit sieben Neuzugängen hatten wir zwar einen relativ großen Umbruch, bei dem wir uns allerdings sicher waren, dass wir Qualität und sehr gute Charaktere dazu bekommen haben. Trotzdem muss für so eine Saison schon alles zusammenpassen. Von Vereinsseite aus wurde bewusst auf einen Saisonziel verzichtet. Es ging darum, erfolgreichen und attraktiven Handball zu spielen. Und ich glaube, dass uns dieses Vorhaben ganz unabhängig von der Tabellensituation immer unsere gute Arbeitsmoral erhalten hat. Es ging nicht darum, eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Wir wollten uns Woche für Woche weiterentwickeln, um langfristig in der DKB Handball-Bundesliga bestehen zu können.
Es schien so, als würde der BHC unter dieser Maxime geradezu von Sieg zu Sieg „fliegen“.
Hinze: Wir haben natürlich schon in Vorbereitung gemerkt, dass die Mannschaft gut zusammenpasst, eine starke Moral und ein fantastischer Zusammenhalt da ist. Zu Saisonbeginn haben wir uns manchmal noch etwas schwer getan und einige Spiele knapp gewonnen. Doch wir haben diese engen Spiele eben für uns entschieden und konnten fortan gewissermaßen auf einer Welle reiten. Auch die erste Niederlage im Heimspiel gegen Lübeck nach 15 Siegen in Folge seit Saisonbeginn hat uns nicht aus der Bahn geworfen. Im Gegenteil: Ich glaube, dass das nächste Auswärtsspiel in Balingen eines unserer besten Spiele der Saison war. Und auch wenn der Tabellenstand mit nur vier Minuspunkten jetzt recht eindeutig wirkt darf man nicht vergessen, dass wir jeden Tag hart dafür gearbeitet haben. Wenn einige Kollegen schon vorzeitig zum Aufstieg gratuliert haben, dann schmeichelt so etwas sicherlich. Aber man darf den Fokus nie verlieren. Das haben wir geschafft!
Wie lange haben Sie gebraucht, um die Frustration nach dem Abstieg abzulegen und sich ganz der „Mission Wiederaufstieg“ zu verschreiben?
Hinze: Man sollte im Sport nicht in der Vergangenheit leben. Der Abstieg war natürlich schmerzhaft. Doch es ging danach darum, die neuen Aufgaben anzunehmen und nach vorne zu schauen. Und so war die Aufgabe, mit dieser neu formierten Mannschaft erfolgreichen Handball zu spielen und das Maximale herauszuholen. Diese Denkweise haben wir sehr schnell verinnerlicht und umgesetzt. Zudem hatten wir durch die zahlreichen Neuzugänge auch recht wenige Spieler, die die Negativerlebnisse aus der letzten Saison mit sich herumschleppen mussten. Ich kann die beiden zurückliegenden Spielzeiten also sehr gut getrennt voneinander betrachten.
Es schien im Saisonverlauf fast so als würde die Konkurrenz im Aufstiegsrennen schnell die weiße Fahne schwenken. Wie geht man damit um?
Hinze: Wir waren in den vergangenen Jahren ja auch häufig in der Situation, dass man die Favoritenrolle schön wegschieben konnte. Das haben unsere Gegner dieses Mal eben für sich genutzt. Jetzt haben wir es einmal von der anderen Seite erlebt. Und ich glaube, dass sich trotzdem jeder gegen uns seine Chancen ausgerechnet hat. Deswegen war es für uns essentiell wichtig, den Fokus immer auf das nächste Spiel zu legen und uns optimal vorzubereiten. Den Respekt der Gegner haben wir immer als Anerkennung für die Leistung wahrgenommen, die wir erbracht haben. Dennoch sind wir noch lange nicht am Ende unserer Entwicklung. Das war und ist uns auch noch immer klar.
Wie sind Sie selbst nach vier Jahren Abstiegskampf in der DKB Handball-Bundesliga damit umgegangen, auf einmal der Gejagte zu sein?
Hinze: Man muss ja sagen, dass die Situation in meinem ersten Jahr, als ich den BHC übernommen habe, ähnlich war. Damals sind wir auch mit einer Mannschaft, die im Umbruch war, aus der 2. Liga in die DKB Handball-Bundesliga aufgestiegen. Daher kannte ich diese Rolle und hatte damit keine Probleme. Man sollte überzeugt sein von der Arbeit, die man macht. Und dann darf man auch selbstbewusst in die Spiele gehen. Man muss sich nur immer wieder hinterfragen: Woher kommt der derzeitige Erfolg? Was sind die Schlüsselfaktoren dafür? Und diese muss man dann Woche für Woche abrufen. Davon, sich vorzusagen, dass man eine große Qualität hat, wird man kein Spiel in der 2. Handball-Bundesliga gewinnen.
Während es sportlich wie geschmiert lief, musste der BHC im Laufe der Saison den Abgang des Sportlichen Leiters Viktor Szilagyi verkraften. Wie wurde damit umgegangen?
Hinze: Das war ein Prozess, während dessen immer sehr offen und gut miteinander kommuniziert wurde. Wir mussten es intern auffangen, hatten vielleicht alle ein bisschen mehr zu tun (lacht). Natürlich ist erst einmal Jemand weggefallen. Viktor hat diese Mannschaft mit zusammengestellt und ich habe sehr gerne mit ihm zusammengearbeitet. Wir mussten nach seiner Entscheidung eine Lösung finden und das haben wir zusammen geschafft. Natürlich ist der Kontakt seitdem nicht abgerissen. Wir telefonieren immer noch häufig, Viktor verfolgt unsere Entwicklung weiter und ist uns immer noch verbunden. Aber er hat jetzt die Aufgabe in Kiel angenommen. Solche Entscheidungen gehören zum Profisport. „
Wie wird die Rückkehr in die DKB Handball-Bundesliga gefeiert?
Hinze: Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich in diese Planungen nicht wirklich involviert bin. Am vergangenen Freitag, als uns der Aufstieg nach dem Sieg gegen den WHV auch rechnerisch nicht mehr zu nehmen war, haben es sich die Jungs bereits verdient etwas zu feiern. Das haben sie auch gemacht - völlig zu Recht. Die Feste muss man feiern, wie sie fallen. Trotzdem haben am Samstag alle wieder fokussiert trainiert und sich auf das Spiel am Sonntag gegen Emsdetten vorbereitet. Das zeigt auch die Professionalität dieser Mannschaft. Nach dem letzten Heimspiel gegen Coburg wird es zum Saisonabschluss sicherlich noch einmal eine Gelegenheit geben richtig zu feiern.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Deutzmann




