01.06.2017  DKB Handball-Bundesliga

Michael Kraus: „Das war so alles nicht unbedingt zu erwarten“

Michael „Mimi“ Kraus ist der Denker und Lenker im Spiel des TVB 1898 Stuttgart, zog sich aber vier Spieltage vor dem Saisonende einen Mittelhandbruch zu – gleichbedeutend mit dem Saisonaus. Im Interview spricht der Weltmeister von 2007 über seine Verletzung, Unterstützung vom Spielfeldrand und den verrückten Kampf um den Klassenerhalt.

Mimi, du hast dir gegen Lemgo die Mittelhand gebrochen und fällst seither verletzt aus. Wie schwer fällt es dir, im Saisonendspurt zum Zuschauen verdammt zu sein?

Michael Kraus: Es gibt nichts Schlimmeres, zumal in unserer Situation. Es tut beinahe schon weh, wenn man zuschauen muss, wie die Jungs sich aufopfern. Da bleibt mir aber nichts anderes übrig, als das Team zumindest mental zu unterstützen.

Als du dich verletzt hast, hast du sofort gemerkt, dass das dein Saisonaus bedeuten könnte?

Michael Kraus: Ich habe direkt runtergeschaut und an meinen Fingern gesehen, dass es in der Mittelhand geknallt hat. Ich wollte es aber nicht wahrhaben, habe es tapen lassen und versucht noch einmal zu spielen. Da war aber nichts mehr zu machen.

Trotz Verletzung: Michael "Mimi" Kraus unterstützt sein Team

Beim Heimspiel gegen die Füchse Berlin hat man dich direkt hinter der Spielerbank auf- und abspringen gesehen. Stehst du gedanklich mit auf der Platte?

Michael Kraus: Absolut, das ist einfach eine blöde Situation. Gerade bei engen Spielen ist es doppelt ärgerlich. Aber auch das ist eine Rolle, die man lernen muss. Ich muss aber gestehen, dass das nicht so meins ist (lacht). Selbst wenn ich nicht in der Halle sein kann, wie beim Auswärtsspiel in Minden, bin ich nach dem Spiel pitschnass. Wegen der Reha konnte ich nicht mitfahren, habe die Partie aber zusammen mit Tobias Schimmelbauer verfolgt. Wir waren danach fix und fertig (lacht).

Immerhin hat der TVB mit dem 28:26-Auswärtssieg zwei wichtige Punkte aus Minden entführt. Ihr wart ja nicht die Einzigen, die im Tabellenkeller gepunktet haben.

Michael Kraus: Dieser Sieg war überlebenswichtig! Ich bin auch heute noch stolz und erleichtert. Vor allem wenn man die anderen Ergebnisse sieht. Dass Gummersbach in Berlin gewinnt, das war so nicht zu erwarten. Da werde ich Füchse-Trainer Velimir Petkovic noch anrufen und fragen, was da los war. Da ich weiß, wie er auf Niederlagen reagiert, habe ich das bisher noch nicht gemacht (lacht). Da auch Lemgo gewonnen hat, hat sich an unserer Tabellensituation quasi nichts verändert und es ist noch nichts entschieden.

Kann es bei einer so engen Tabellensituation überhaupt gelingen, sich nur auf sich selbst zu konzentrieren oder hat man automatisch auch die anderen Mannschaften im Blick?

Michael Kraus: Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass ich das Restprogramm unserer direkten Konkurrenten nicht auswendig kenne. Und so geht es sicher auch allen anderen in der Mannschaft. Wir machen es aber weiter wie bisher, werden alles raushauen und versuchen, nur auf uns zu schauen.

Als nächstes spielt ihr zu Hause gegen den Tabellenletzten Coburg. Könnt ihr da schon einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen?

Michael Kraus: Auch das wird keine einfache Aufgabe. Allein die letzten fünf Spieltage haben so viele Überraschungen geboten, da kann noch alles passieren! Der BHC dominiert Gummersbach, HBW Balingen-Weilstetten gewinnt gegen Leipzig und Lemgo schlägt Wetzlar. Das war so alles nicht unbedingt zu erwarten. Die DKB Handball-Bundesliga ist so ausgeglichen, da kann jeder jeden schlagen. Daher bringt es auch nichts zu spekulieren.

Wie wichtig wäre der Klassenerhalt des TVB 1898 Stuttgart für die Sportregion Stuttgart?

Michael Kraus: Die Stadt Stuttgart hat außer uns mit dem VfB und den Volleyballerinnen noch zwei weitere Erstligisten. Hinter den Fußballern haben wir uns in eine gute Position gebracht. Die Region ist total handballverrückt, das merkt man bei unseren Heimspielen. Die Fans machen richtig Stimmung und unterstützen uns, auch wenn es mal nicht so läuft. Daher wollen wir den Leuten hier auch weiterhin Erstliga-Handball bieten. 

Mit dem HBW Balingen-Weilstetten und FRISCH AUF Göppingen tummeln sich noch zwei weitere Teams aus der DKB Handball-Bundesliga in der näheren Umgebung. Profitiert der Handball von dieser Konkurrenzsituation?

Michael Kraus: Ich sehe das weniger als Konkurrenz, sondern eher als ein belebendes Nebeneinander. Es ist doch schön zu sehen, wie die Leute in Göppingen schon seit Wochen dem Derby gegen den TVB am letzten Spieltag entgegenfiebern. Für die Region ist auch der HBW wichtig, diese Nachbarschaftsduelle machen den besonderen Reiz aus.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Potthoff

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